„Was ist eigentlich mit dir nächstes Jahr?“ – Julian Real über Duisburg, Waspo & Karriere-Entscheidungen

In dieser Episode des Waterpolo Expert Talk spricht Julian Real, langjähriger Bundesligaspieler und ehemaliger Leistungsträger beim ASC Duisburg und Waspo 98 Hannover, sehr offen über seinen sportlichen Werdegang, prägende Entscheidungen und die strukturellen Veränderungen im deutschen Wasserball, die seine Karriere maßgeblich beeinflusst haben.

Julian blickt zunächst auf seine Anfänge in Oberhausen zurück. Über den Stärkader Schwimmverein kam er mit neun Jahren eher zufällig zum Wasserball. Seine Mutter brachte ihn ursprünglich zum Schwimmen – das Angebot mit Ball weckte jedoch sofort seine Begeisterung. Früh entwickelte sich eine enge Bindung zum Teamsport, zu Trainingslagern und zum Vereinsleben im Ruhrgebiet, das damals noch von einer außergewöhnlich hohen Vereinsdichte geprägt war.

Der Weg führte ihn früh nach Duisburg, wo er bereits im Jugendbereich Verantwortung übernahm und schnell den Sprung in die Bundesliga schaffte. Julian beschreibt die damalige Bundesliga als körperlicher, direkter und hierarchischer als heute. Klare Rollenverteilungen, erfahrene Spieler über 30 Jahre und ein rauerer Ton prägten den Alltag – gleichzeitig bot diese Umgebung jungen Spielern die Möglichkeit, sich schnell an ein hohes Niveau anzupassen.

Ein zentrales Thema der Episode ist der Wechsel von Duisburg nach Hannover. Auslöser war nicht ein einzelner Moment, sondern ein schleichender Prozess. Die Aufhebung der Ausländerregelung, zunehmende finanzielle Unterschiede zwischen den Topvereinen und fehlende realistische Titelperspektiven in Duisburg führten zu einem Motivationsverlust. Julian beschreibt sehr ehrlich, wie schwierig es ist, Woche für Woche maximal zu trainieren, wenn das sportliche Ziel faktisch nicht mehr erreichbar ist.

Der entscheidende Impuls kam schließlich nach einem Spiel gegen Waspo Hannover, als eine scheinbar beiläufige Frage fiel:
„Was ist eigentlich mit dir nächstes Jahr?“

Aus diesem Moment entwickelte sich der Wechsel nach Hannover – nicht aus Trotz, sondern aus dem Wunsch nach neuer sportlicher Perspektive, ehrlicher Wertschätzung und klaren Ambitionen. Persönliche Faktoren wie die familiäre Situation spielten dabei ebenfalls eine Rolle und machten den Zeitpunkt passend.

Julian schildert sehr differenziert die unterschiedlichen Voraussetzungen von Spandau, Waspo und Duisburg. Während Berlin aufgrund seiner Strahlkraft und Infrastruktur leichter internationale Spieler gewinnen konnte, musste Hannover andere Wege gehen – mit Kontinuität, gezielter Kaderplanung und einem starken Kern deutscher Nationalspieler. Genau dieses Umfeld passte für Julian sportlich wie menschlich.

Kritisch reflektiert er die Auswirkungen der Ausländerregelung auf Motivation, Nachwuchsarbeit und Identifikation. Nicht die Qualität ausländischer Spieler sei das Problem, sondern das fehlende Gleichgewicht. Wenn deutsche Spieler keine realistische Perspektive mehr sehen, gehe langfristig Substanz verloren – besonders in Vereinen ohne große Budgets.

Zum Ende der Episode blickt Julian auf seine aktive Zeit nach der Bundesliga. Heute spielt er bewusst in niedrigeren Ligen, unterstützt junge Spieler, hält sich fit und hat gelernt, Leistungssport ohne Zwang zu genießen. Der abrupte Übergang von acht bis zehn Trainingseinheiten pro Woche auf null sei gesundheitlich problematisch – deshalb war für ihn klar, dem Sport weiterhin verbunden zu bleiben, wenn auch in anderer Rolle.

Diese Episode ist ein ehrlicher, tiefgehender und sehr authentischer Blick auf Karriereentscheidungen im deutschen Wasserball – zwischen Loyalität, Ambition, Strukturwandel und persönlicher Lebensplanung.