„Warum Waspo an guten Tagen jeden schlagen kann“ – Kevin Götz über Teamprozess & Entwicklung (Teil 2)
"Wir verfolgen einen langfristigen Plan was die Entwicklung der Mannschaft angeht"
In dieser Episode des Waterpolo Expert Talk spricht Kevin Götz, Torhüter von Waspo Hannover und deutscher Nationalspieler, offen über die aktuelle Situation seines Teams in Bundesliga und Champions League, über mentale Prozesse im Leistungssport und darüber, warum Selbstvertrauen und Teamstabilität oft entscheidender sind als Tabellenstände.
Kevin gibt zunächst tiefe Einblicke in die besondere Rolle des Torhüters. Jede Aktion ist ein direktes Duell, jede Parade ein Moment maximaler Verantwortung. Anders als Feldspieler hat der Torhüter im entscheidenden Moment niemanden hinter sich. Genau diese Mischung aus Druck und Einfluss macht die Position für ihn so faszinierend – und gleichzeitig so anspruchsvoll.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs reflektiert Kevin über Vorbilder auf seiner Position. Internationale Turniere wie Europa- und Weltmeisterschaften seien wichtige Lernfelder, um unterschiedliche Spielstile zu beobachten und einzelne Elemente ins eigene Spiel zu integrieren. Früher hätten deutsche Nationaltorhüter wie Alexander Tchigir oder Slobodan Soro eine besondere Vorbildfunktion gehabt. Mit zunehmender Erfahrung habe sich der Blick verändert: Nicht mehr Kopieren, sondern gezieltes Herausfiltern passender Elemente stehe heute im Vordergrund.
Ein Schwerpunkt der Episode liegt auf der Champions-League-Saison von Waspo Hannover. Kevin beschreibt ehrlich die Höhen und Tiefen einer Spielzeit, in der ein neu formiertes Team erst zusammenfinden musste. Klare Niederlagen gegen Topteams gehören ebenso zur Realität wie hart erkämpfte Siege gegen direkte Konkurrenten. Gerade diese Erfolge seien emotional enorm wichtig gewesen, um Selbstvertrauen aufzubauen und den Glauben an den eigenen Weg zu stärken.
Kevin betont mehrfach: An guten Tagen kann Waspo Hannover jeden Gegner schlagen. Entscheidend sei, dass viele Faktoren gleichzeitig zusammenpassen – Tagesform, Konzentration, mentale Stabilität und gemeinsames Auftreten. Siege entstehen nicht aus Einzelaktionen, sondern aus kollektiver Geschlossenheit.
Besonders interessant sind Kevins Einblicke in die Spielvorbereitung. Gegen direkte Konkurrenten wird intensiver analysiert, zusätzliche Videoeinheiten eingeplant und taktische Feinjustierung vorgenommen. Dabei gehe es nicht darum, das Rad neu zu erfinden, sondern bekannte Prinzipien unter erhöhtem Fokus umzusetzen. Gegen absolute Topteams wie Recco sei die Herangehensweise anders gelagert, ohne jedoch den eigenen Anspruch aufzugeben.
Ein weiterer wichtiger Themenblock ist Kevins Rolle als Aktivensprecher der Nationalmannschaft. Als Bindeglied zwischen Team, Verband und Athletenvertretung übernimmt er Verantwortung über das Sportliche hinaus. Er beschreibt diese Aufgabe als Chance, strukturelle Themen anzusprechen, Ideen einzubringen und langfristige Verbesserungen für Spieler mitzugestalten – etwa im Bereich Studium, Karriereplanung und duale Laufbahnen.
Zum Ende des Gesprächs blickt Kevin auf die kommenden Wochen: Bundesliga, Champions League, Nationalmannschaftsmaßnahmen und ein extrem dichter Kalender prägen den Alltag. Besonders die Reisestrapazen internationaler Wettbewerbe seien oft belastender als die Spiele selbst. Trotzdem überwiegt für ihn die Dankbarkeit, auf diesem Niveau spielen zu dürfen.
Diese Episode ist ein ehrlicher, reflektierter und sehr realistischer Blick auf Leistungssport im Wasserball – zwischen Ambition, Belastung, Teamprozess und mentaler Stärke.