Strukturen, Konkurrenz & Nationalmannschaft – Carsten Seehafer über die größten Baustellen im Wasserball (Teil 2)


„Früher war das Niveau höher“ – Carsten Seehafer über Champions League, Nationalmannschaft, Verbandsstrukturen & die Zukunft des deutschen Wasserballs (Teil 2)

In diesem zweiten Teil des ausführlichen Gesprächs im Waterpolo Expert Talk spricht Carsten Seehafer offen über die Organisation der Champions League, die besonderen Herausforderungen rund um das Final Eight, die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie über die strukturellen Probleme des deutschen Wasserballs auf Vereins- und Verbandsebene.

Ein zentrales Thema dieser Episode ist die Organisation des Champions-League-Finalturniers in Hannover. Seehafer beschreibt sehr anschaulich, welche logistischen, medizinischen und infrastrukturellen Herausforderungen ein solches internationales Event unter Pandemiebedingungen mit sich bringt – von Testkonzepten über ärztliche Betreuung bis hin zu Hotel- und Anreiseproblemen der Teams. Besonders deutlich wird, wie stark Vereine hier in Vorleistung gehen müssen, während staatliche Unterstützung in Deutschland kaum vorhanden ist.

Auch sportlich blickt Seehafer auf die internationalen Auftritte der deutschen Teams zurück. Er erklärt, warum der deutsche Wasserball zwar Fortschritte gemacht hat, der Abstand zu den europäischen Top-Nationen jedoch weiterhin groß ist. Siege gegen Teams wie Tiflis oder Herceg Novi seien wichtige Entwicklungsschritte, gleichzeitig zeige sich aber, wie entscheidend kontinuierliche internationale Spielpraxis für nachhaltigen Erfolg ist.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Situation der deutschen Nationalmannschaft nach den gescheiterten Olympia-Qualifikationen. Seehafer spricht sehr kritisch über fehlende Strukturen, mangelnde Einbindung erfolgreicher Vereinsstandorte und über die schwierige Phase des Umbruchs nach dem Abschied von Bundestrainer Hagen Stamm. Dabei wird deutlich, wie wichtig Zusammenarbeit, Konsens und Transparenz zwischen Verband, Vereinen und Trainern für eine erfolgreiche Zukunft wären.
Besonders eindringlich mahnt Seehafer, dass der deutsche Wasserball zu klein sei, um sich interne Machtkämpfe oder Grabenkämpfe zu leisten. Stattdessen brauche es wieder einen gemeinsamen Schulterschluss aller Standorte – von Hannover über Berlin bis nach Nordrhein-Westfalen –, um Talente langfristig an den Leistungssport heranzuführen.

Positiv hebt er die Nachwuchsarbeit hervor. Die U-Nationalmannschaften seien deutlich erfolgreicher als die A-Nationalmannschaft, was zeige, dass die Basis grundsätzlich vorhanden sei. Entscheidend werde jedoch sein, diesen Übergang in den Männerbereich endlich besser zu gestalten, um den gefährlichen Dropout junger Spieler zu verhindern.
Zum Abschluss spricht Seehafer auch über die Rolle von Medien, Livestreams, Podcasts und digitalen Formaten für die Sichtbarkeit des Wasserballs. Er fordert eine zentrale Plattform für Bundesliga, Nationalmannschaft und Nachwuchs, um den Sport moderner, zugänglicher und attraktiver zu präsentieren – gerade in Zeiten, in denen klassische Hallenzuschauer oft fehlen.

Diese Episode bietet einen ungefilterten Blick hinter die Kulissen des deutschen Spitzenwasserballs – zwischen internationalem Wettbewerb, Verbandspolitik, Nachwuchshoffnung und den täglichen Herausforderungen eines Profi­vereins.


Mehr dazu in Teil 1