„Uns bricht die gesamte Basis für unseren Sport weg“ – Julian Real über Nachwuchs & Zukunft des deutschen Wasserballs
In dieser Episode des Waterpolo Expert Talk spricht Julian Real so offen und kritisch wie selten zuvor über die strukturellen Probleme des deutschen Wasserballs. Im Mittelpunkt steht eine klare Sorge: Die Basis des Sports droht wegzubrechen – und mit ihr langfristig auch Leistungsfähigkeit, Nachwuchs und internationale Anschlussfähigkeit.
Julian knüpft an seine eigenen Erfahrungen aus Duisburg, Hannover und dem Umfeld der Bundesliga an. Besonders eindrücklich beschreibt er den Weg vieler junger Spieler nach dem Abitur. Früher gab es vergleichsweise klare Modelle: Bundeswehr, Polizei oder Zoll ermöglichten Leistungssport mit planbaren Trainingszeiten und finanzieller Sicherheit. Heute seien diese Wege entweder stark eingeschränkt oder kaum noch bekannt – selbst innerhalb des Systems.
Ein zentrales Problem sieht Julian im fehlenden strukturellen Gesamtkonzept. Es gebe zahlreiche theoretische Möglichkeiten, junge Spieler zu unterstützen – über Bundeswehr, Polizei, Universitäten oder andere staatliche Institutionen. Doch diese Optionen würden kaum genutzt, nicht koordiniert und oft dem Zufall überlassen. Ohne klare Ansprechpartner, ohne Steuerung und ohne verbindliche Konzepte verliere man Jahr für Jahr Talente.
Besonders kritisch äußert sich Julian zur Rolle des DSV als Dachverband. Aus seiner Sicht müsste der Verband deutlich stärker lenkend eingreifen, bündeln, priorisieren und auch unbequeme Entscheidungen treffen. Stattdessen erlebe er häufig Stillstand, fehlenden Druck und zu wenig Bereitschaft, bestehende Strukturen grundsätzlich zu hinterfragen. Veränderung werde diskutiert – aber zu selten umgesetzt.
Auch die Bundesliga-Strukturen kommen zur Sprache. Julian beschreibt ein starkes Gefälle zwischen wenigen professionell aufgestellten Vereinen und einer Vielzahl von Clubs, die mit deutlich geringeren Ressourcen arbeiten. Trainingsumfänge, Infrastruktur und organisatorische Möglichkeiten unterschieden sich massiv – dennoch spielen alle im gleichen Wettbewerb. Diese Diskrepanz erschwere nicht nur sportliche Entwicklung, sondern auch gemeinsame Lösungsansätze.
Ein weiterer Schwerpunkt ist der dramatische Rückgang der Vereinsbasis. Julian schildert eindrücklich, wie früher ganze Regionen mit mehreren Wasserballvereinen besetzt waren, während heute viele Clubs ums Überleben kämpfen oder bereits verschwunden sind. Oft hänge das Fortbestehen eines Vereins an einzelnen Familien oder engagierten Einzelpersonen. Fielen diese weg, breche die Struktur komplett zusammen.
Hinzu komme die fehlende mediale Sichtbarkeit des Wasserballs. Große Turniere, Welt- oder Europameisterschaften fänden in der öffentlichen Wahrnehmung kaum statt. Für Kinder und Jugendliche sei Wasserball dadurch kaum präsent – und ohne Sichtbarkeit gebe es auch keinen Nachwuchs. Livestreams und Champions-League-Übertragungen erreichten vor allem bestehende Fans, aber kaum neue Zielgruppen.
Julian plädiert eindringlich für mehr Zusammenarbeit statt Gegeneinander. Solange die Basis so fragil sei, dürften Vereine, Verbände und Interessengruppen nicht gegeneinander arbeiten. Erst wenn der Sport insgesamt wachse, könne man wieder über Konkurrenz, Profilierung und interne Verteilungskämpfe sprechen.
Diese Episode ist ein sehr ehrlicher, unbequemer und zugleich konstruktiver Weckruf. Sie richtet sich an Funktionäre, Trainer, Spieler und alle, denen der Wasserball am Herzen liegt – und die bereit sind, über grundlegende Ver
– Verantwortung des DSV für langfristige Entwicklung
– Leistungsgefälle in der Bundesliga
– Abhängigkeit von einzelnen Familien in Vereinen
– Sinkende Zuschauerzahlen & mediale Unsichtbarkeit
– Champions League, Livestreams & Nachwuchsbegeisterung
– Zukunft des deutschen Wasserballs
Diese Folge richtet sich an Trainer:innen, Spieler:innen, Funktionär:innen, Vereinsverantwortliche, Eltern und Wasserball-Fans, die verstehen möchten, warum der deutsche Wasserball an einem entscheidenden Wendepunkt steht.